Schadenanalyse zum Tornadoverdachtsfall

Ich weise eindringlich darauf hin, dass alle Bilder und Karten dem jeweiligen Urheberrecht unterliegen und nicht kopiert, anderweitig ohne Genehmigung verwendet oder für andere Zwecke ohne Erlaubnis benutzt werden dürfen!


TEIL 1

In den frühen Morgenstunden des 01. März 2008 zog die Kaltfront des Orkantiefs "Emma" über Thüringen hinweg. Dabei kam es in Altenburg/Thür. innerhalb eines begrenzten Gebietes zu markanten Sturmschäden.

Leider
erfuhr ich erst 14 Tage später von diesen Schäden durch einen Artikel von Hobbymeteorologe Roland Reiß auf der Seite von Thomas Sävert.
Am darauffolgenden Tag (15.April 2008) fuhr ich nach Altenburg und habe mir zusammen mit Herrn Reiß die Hinterlassenschaften des Sturmes angeschaut und betroffene Anwohner gesprochen. Leider waren zu diesem Zeitpunkt schon viele Schäden beseitigt, auch die meisten umgestürzten Bäume waren schon von Feuerwehr und THW zersägt.

Ich war deshalb auf die Hilfe der Einwohner Altenburgs bzw. auf Vertreter verschiedener Einrichtungen (Presse, Versicherung, Stadt usw.) angewiesen Der Vorsitzende des Gartenvereins "Einheit" Herr Klebs zeigte mir freundlicherweise die noch sichtbaren Schäden der Kleingartenanlage. Als größte Hilfe erwies sich jedoch ein Artikel in der Osterländer Volkszeitung "OVZ" über meine Recherchen bezüglich des Sturmereignisses mit der Bitte um Unterstützung.


© OVZ


Kurz nach dem Erscheinen des Artikels am 26.03.08 meldeten sich einige Personen bei mir, die den Sturm live miterlebt haben und so zu wichtigen Augen- bzw. Ohrenzeugen wurden.
Am Rande sei noch erwähnt, dass ich daraufhin mit weiteren Zeitzeugen sprechen konnte, die von früheren Tornados in und um Altenburg berichteten. Diesen Fällen wird zu gegebener Zeit nachgegangen.

Besonderen Dank gilt den Augenzeugen Herrn Pallmann und Herrn Szkowronek, die mir freundlicherweise ihre Schadenbilder zur Verfügung stellten und detailliert die Geschehnisse und Schäden beschrieben.

Noch ein Hinweis: In meinem Bericht tauchen ab und zu Ereignisse bzw. Schadenbilder auf, die auf einen Tornado hindeuten. Diese kennzeichne ich zusätzlich mit einem „T“.

Nun zur eigentlichen Schadenanalyse
In dieser Karte habe ich die Schadenspur eingezeichnet mit den mir bekannten Schäden ("rote Kreuze"). Die Fall- bzw. Verfrachtungsrichtung war südwestlich der Linie generell Ost bis teilweise Nordost, innerhalb und nordöstlich davon Südost oder nicht mehr ermittelbar.

© GoogleEarth


Der erste und zugleich nordwestlichste mir bekannte Schaden ist eine herausgedrückte Giebelwand eines ehemaligen Teppichmarktes im OT Drescha in der Steinwitzer Straße/ Ecke Geraer Straße.


Der nächste sichtbare Schaden ist etwa 100 Meter weiter südöstlich zu sehen, am Jahnplatz. Zunächst ein Bild zur Orientierung:



Stabile, gesunde Äste wurden an 2 Bäumen abgeknickt. Leider hier nicht gut zu sehen, später bei Bild 9 besser zu erkennen



Im Gartenzaun hat sich ein Teil eines Wellasbestdaches verfangen



Wenige Meter weiter südöstlich befindet sich das Mehrfamilienhaus von Herrn Kay Szkowronek (Jahnplatz 3). (markiert)

Nachfolgend sein Erlebnisbericht:

„Gegen 8 Uhr früh bemerkten meine Familie und ich plötzlich starken Druck auf unseren Ohren, so starken Druck, dass unsere Ohren davon schmerzten. Ich schaute aus dem Fenster, bemerkte, daß es heftig regnete und hagelte und sah, wie alles wild durcheinanderwirbelte. Dreck, Blätter, Zweige und sogar Dachziegeln in mehreren Metern Höhe. Nach etwa 30 Sekunden war alles vorbei. Dann hörte auch sofort der Druck auf unseren Ohren wieder auf. Als ich nach draußen ging, sah alles rund um mein Haus wie ein Splitterfeld aus. Überall Kleinteile auf der Straße, viele kleine Erdklumpen klebten bis zum 3. Stock an meinem Haus.“ (4xT)

Das Dach des Hauses inklusive dem Dachgiebel wurde teilweise abgedeckt. An dem Haus entstand ein Sachschaden von ca. 20.000 €.

Nachfolgend die Schäden im Detail (Bilder 5 bis 19 von Herrn Szkowronek) :

Trotz der mäßigen Qualität des Handybildes, erkennt man hier einen liegenden Baum, der von seinem Platz herausgerissen und etwa 25 Meter weiter östlich 180° gedreht abgelegt wurde. (T) (siehe auch bei Bild 4 die 2 kleinen Kreuze) Blickrichtung West



Im Bild 6 ist der ursprüngliche Standplatz des Baumes markiert. Fotografiert aus dem Haus des Herrn Szkowronek


Einige Schritte weiter nach hinten im Hof des Mehrfamilienhauses sieht man einen von Ziegeln und Zweigen bedeckten Boden, Richtung Westen den eben besprochenen Nadelbaum und noch weiter im Hintergrund einen der beschädigten 2 Bäume. Ganz links ist die Baumreihe zu sehen, von wo der Nadelbaum kam. Die Zugbahn des mutmaßlichen Tornados war Nordwest-Südost, was in etwa dem eingezeichneten Pfeil entspricht.


Dachziegeln wurden an unterschiedlichen Stellen des Daches und in unterschiedlicher Art und Weise beschädigt bzw. fortgeweht.


Beispielsweise fehlen sowohl an der windgeschützten Südseite des Spitzdaches Ziegeln, wie auch auf der ungeschützteren Nordseite. Interessant ist, dass die abgerissenen Aste und Zweige der 2 Bäume im Hintergrund einige Meter weiter ostnordöstlich, wie schon fast aufgeräumt, abgelegt worden.


Bild von der Nordseite des Spitzdaches


Diese sind an Ort und Stelle runtergefallen



Interessanterweise wurde ein weiteres Dach auf der völlig windabgewandten, geschützten Seite teilweise abgedeckt. Die Ziegeln wurden laut dem Dachdecker nach oben gehoben und einige Meter weiter wieder fallen gelassen. (T)


Auch der Dachgiebel wurde schwer beschädigt. Die Dachziegeln lagen 15 bis 20 Meter weiter verstreut in östlicher bis südöstlicher Richtung (siehe Bilder 15 und 17). Das darunter stehende Auto wurde beispielsweise nicht getroffen. (T)

Bild 12:



Einige Dachziegeln hob der Sturm nur an und ließ sie an Ort und Stelle wieder fallen (T)


Das Mehrfamilienhaus war besäht bis ganz oben mit kleinen Erdklumpen. (T)


Die Dachziegeln von Bild 12 liegen auf dem Garagendach, dem Nachbardach sowie links im Rasen. Der im Hof links abgestellte PKW wurde nicht beschädigt, die Ziegeln flogen also über das Auto. Eine Ziegel spickt rechts oben im Dach der anderen Garage (T)


Im Hof lag außerdem die Schornsteinabdeckung vom nördlichen Nachbarn Nr. 2 inklusive Dübel und herausgerissenem Stein.


Blick vom Dach aus. 4 Nadelbäume sind in südöstliche Richtung (Teich/Zugrichtung) umgefallen. An dem Haus links oben fehlen an der Hauswand Ziegeln.Ob diese infolge umherfliegende Trümmer beschädigt wurden, konnte nicht herausgefunden werden.


Das südliche Nachbarhaus (Nr.4) wurde nicht beschädigt, nur die Eingangstür und ein Gartenzaun wurde umgedrückt sowie ein Nadelbaum an die Hauswand gedrückt. Zu sehen ist noch ein Altkleidercontainer, der etwa 5 Meter von West nach Ost verschoben wurde. Das 2. Nachbarhaus (Nr. 5) hatte dagegen wieder größere Schäden davongetragen.


Das Biberschwanz-Dach wurde stark in Mitleidenschaft gezogen, allerdings nur auf der Nord-Seite. Rechts im Vordergrund sieht man das von Sturm aufgeschlagene Dachfenster des Hauses Nr. 4.

Knapp 200m weiter südöstlich Richtung Großer Teich befinden sich die Häuser der Familien Reichert und Pallmann. (Franzosengraben 10 und 11).

Herr Reichert wachte von einem seltsamen Geräusch auf: „Es hörte sich an wie ein D-Zug., ziemlich laut. (T) Schlagartig fing der Sturm an, es krachte und knallte. Ich hatte Angst und suchte Schutz im Bad hinter einer Mauer. Nach gerade einmal 30 Sekunden war alles vorbei. (T) Danach schaute ich aus dem Fenster und traute meinen Augen nicht. Mein Anwesen sah aus - gesplittert wie nach dem Krieg. Die meisten Bäume von meinem „kleinen Wald“ hinterm Haus waren umgefallen bzw. abgeknickt.“

Auch bei seinem Haus hat sich der Dreck in jede kleinste Ritze gesetzt. Noch heute findet er Reste von seinem Hof und Wiese an seinem Fenster im obersten Stock. (T)

Der dritte Augenzeuge, Herr Pallmann, der schräg gegenüber von Herrn Reichert wohnt, hat von seinem Fenster aus beobachtet, wie der Sturm 2 Nadelbäume des Nachbarn abknickte: 

„Es wurde ganz plötzlich richtig Dunkel, dann schlagartig ein lautes Geräusch inklusive einer Mischung aus heftigem Hagel, Regen, Blitz und Donner. Dann sah ich, wie 2 Fichten vom Nachbarn auf halber Höhe brachen und mehrere Sekunden in der Luft herumwirbelten. 10 bis 15 Meter weiter Richtung Osten wurden sie in meinem Garten fallen gelassen. (T) Nach nicht mal 1 Minute war alles vorbei“. (T)

Seine immer wiederholenden Worte nach diesem Ereignis waren "Das war kein normaler Sturm".

Es gab keine Beschädigungen zwischen dem Nachbarsgarten und seinem Garten, (Straße/Begrenzung usw.) die Gärten selbst allerdings waren jeweils verwüstet. Die markantestem Schäden waren auf einer Breite von ca. 20 Metern zu verzeichnen.

Nachfolgend einige Bilder von Herrn Pallmann, Franzosengraben 10:

Hier sieht man die 2 abgebrochenen, ca. 60 Jahre alten Fichten und den Garten, wo diese fallengelassen worden.


Zoom auf die beschädigten Bäume


Weitere Bilder vom betroffenen Gebiet








Wurf-/Fallrichtung Ost/Südost.


Im Hintergrund eine Kleingartenanlage (zwischen Franzosengraben und Shell-Tankstelle). Ob in dieser auch Schäden auftraten, konnte ich leider nicht untersuchen

Ein weiterer Augenzeuge, der einen Garten in der Nähe der Shell-Tankstelle besitzt, will gesehen haben, wie eine merkwürdig drehende Hagelwand von der Geraer Str. , Mittelstraße, über den Franzosengraben und der Kleingartenanlage „Einheit“ zum Großen Teich gezogen ist. „So was hab ich noch nie gesehen“ Doch als ich später (dummerweise) das Wort Tornado erwähnte, meinte er: „Nein, ach kein Tornado, nein nein, das gibt’s hier doch nicht“.

Unbestritten sind allerdings die Baumschäden in seinem Garten, welcher ebenfalls genau in der Schneise liegt.

Bis auf diesen Baum waren zu dem Zeitpunkt meiner Besichtigung aber bereits die meisten Schäden beseitigt.


Hier ist in einiger Entfernung die Beschädigung des Daches seiner Gartenlaube zu sehen:


Wenige Meter weiter links (südlich) sah es auch etwas wüst aus. Im Hintergrund die Häuser des Franzosengrabens.


Auf der anderen Straßenseite beginnt die Gartenanlage „Einheit“. Einige kleine Verfrachtungen gab es von der Gartenlaube hierher, auch an der angrenzenden Hecke hatte sich viel „Gestrüpp“ verfangen.

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